Erstmals schriftlich erwähnt wurde das Hirtentäschelkraut bei Carl von Linné (1707-1778). Der schwedische Naturforscher gab dem Kraut seinen aus dem Lateinischen stammenden Namen in der Urform: bursa-pastoris.
Den Vokabeln für Tasche und Hirte, da die Gestalt der Samenkapseln denen von Hirtentaschen ähnelt. Jahre später ergänzte der deutsche Botaniker Friedrich Kasimir Medikus (1736-1808) die Bezeichnung zu Capsella. [1]
Vorkommen
Capsella kommt in ganz Europa vor und ist in Mitteleuropa sehr häufig. Es wird angenommen, dass sie ursprünglich in den Ländern Westasiens und Südeuropa, hierzu gehören u.a. die heutige Türkei sowie die Länder des ehemaligen Jugoslawiens heimisch war. Von da an wurde sie ostwärts durch fast ganz Asien verbreitet und ist heute in fast alle anderen Kontinente weltweit verschleppt und eingebürgert worden. Als Standorte werden Ruderalstellen (Brachflächen), Äcker und Gärten bevorzugt. Die Pflanze ist stickstoff- und lichtliebend und gedeiht auf nährstoffreichen Böden. Das Hirtentäschelkraut kommt bis in die subalpine Höhenstufe vor. In den Allgäuer Alpen steigt sie im Tiroler Teil bis zu 1.820 m Meereshöhe auf. [2]
Vegetative Merkmale
Die ein- bis zweijährige, krautige Pflanze hat eine wenig verzweigte, weißliche Pfahlwurzel, die bis zu 90 Zentimeter tief in den Boden reichen kann. Sie selbst wird 10 bis 50 cm groß. Die Blätter der grundständigen Rosette sind länglich und am Rand buchtig gelappt bis gefiedert. Die Stängelblätter hingegen sind lanzettlich und ganzrandig, wobei der Blattgrund den Stängel umfasst und an beiden Seiten zipfelartig ausläuft. Unterseits sind die Blätter dunkel behaart. Die Blätter an den Blütenstängeln sind kreuzständig angeordnet. [3]
Generative Merkmale
Die gestielten Einzelblüten von Capsella bursa-pastoris stehen in doldenartigen Blütenständen zusammen, der sich zur Fruchtreife hin immer mehr streckt und eigentlich eine Blütentraube ist. Die Blütenstände wachsen aus den Blattachseln der Stängelblätter. Die Einzelblüten darin werden nur etwa drei Millimeter groß, haben vier Kelchblätter und vier weiße Blütenblätter. Die Blütezeit ist bei günstiger Witterung das ganze Jahr über möglich, normalerweise reicht sie vom zeitigen Frühjahr bis in den Herbst. [4]
Bestäubung
Die Blüten des Hirtentäschelkrauts können sich selbst bestäuben und werden außerdem gern von zierlichen Schwebfliegen und kleineren Wildbienen-Arten angeflogen, die die Pflanze als Nektarquelle nutzen. [5] Die Samen sind sehr langlebig und können bis etwa 30 Jahre keimfähig bleiben. Dadurch verteilt sich die Keimung über einen sehr langen Zeitraum, was die Chance der Pflanze, sich zu etablieren, stark erhöht. [6]
Einige morphologisch ähnliche Arten
Verwechslungsgefahr besteht mit dem Acker-Hellerkraut (Thlaspi arvense), wobei hier nicht von Gefahr gesprochen werden kann, weil es als aromatischer Wildsalat essbar ist. Das Acker-Hellerkraut ist in seiner Erscheinung kräftiger als das Hirtentäschel. Es blüht nur von Mai bis September. Seine Schötchen sind platt und rund, vorn eingeschnitten und breit geflügelt. [7]
Verwendung
Die ganze Pflanze hat nicht nur viele heilende Eigenschaften. Hirtentäschelkraut wird aufgrund seines angenehmen Geschmacks auch als Wildgemüse oder Salatpflanze geschätzt. Es enthält viel Vitamin C, Eisen, Kalium, Calcium und Eiweiß. Die reifen Samen enthalten Senföle und können zu einer Art Senf verarbeitet werden oder als Pfefferersatz dienen. Die Wurzeln enthalten ebenfalls Scharfstoffe. Getrocknet und gemahlen haben sie einen ingwerähnlichen Geschmack. Der Genuss von Capsella bursa-pastoris regt die Darmtätigkeit an und kann daher bei Übermaß zu Durchfall führen. [8]
Heilpflanze
Als Salat oder Gemüse gegessen, regt das frische Kraut die Darmtätigkeit an, besonders wenn der Darm durch häufige Einnahme von Abführmitteln träge geworden ist. Hirtentäschel bringt zudem den Kreislauf in Schwung, fördert die Durchblutung und hat einen positiven Einfluss auf die Blutgefäße. Bei Verletzungen und Wunden kann das frische Kraut etwas zerquetscht auch unterwegs eingesetzt werden. Hirtentäschel hat eine starke Wirkung auf die Gebärmutter und den Unterleib, so wurde es schon von Hildegard von Bingen bei übermäßigen Blutungen nach einer Geburt, zu starker Regelblutung oder zusätzlichen Blutungen zwischen der Menstruation eingesetzt und kann hier auch die kolikartigen Schmerzen lindern. Auch bei anderen innerlichen Blutungen, Blut im Urin und Bluterbrechen kann ein Tee aus Hirtentäschel unterstützend eingenommen werden. Ebenso kann der Teeaufguss als unterstützende Maßnahme bei weiteren Leiden der weiblichen Unterleibsorgane helfen, wie z.B. bei Tumoren, Entzündungen und Fehlbildungen. Darüber hinaus wirkt Hirtentäschel ausgleichend auf den Blutdruck und wird sowohl bei Bluthochdruck als auch bei zu niedrigem Blutdruck eingenommen. Es bessert das Wohlbefinden und wirkt regulierend auf ein schwaches Herz. Äußerlich eignet sich ein starker Teeaufguss bei Nasenbluten und Wunden. Dazu wird eine Kompresse im Aufguss getränkt und aufgelegt. Bei Zahnfleischbluten kann der Aufguss als Spülung genutzt werden. Für einen Tee wird das Kraut samt Wurzel geerntet und getrocknet oder frisch verwendet. Zwei Teelöffel des Krautes mit 200 ml kochendem Wasser übergießen und fünf bis zehn Minuten ziehen lassen. Vom Tee am besten über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen bis zu drei Tassen täglich trinken. Zur äußerlichen Anwendung wird die doppelte Menge des Krautes als Aufguss angesetzt. [9]
Geschichtliches
Die medizinische Verwendung des Gemeinen Hirtentäschels lässt sich erstmals sicher in der Volksmedizin des 15. Jh. nachweisen. Im Büchlein von den ausgebrannten Wässern wurde empfohlen, ein Destillat aus „täschenkraut“ gegen Nasenbluten, gegen blutigen und wässrigen Durchfall, gegen zu starke Monatsblutung und zur Austreibung des Harnwegssteins einzunehmen. In einer Elsässer Handschrift aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. (Cpg 226) wurde zur Behandlung des Nasenblutens empfohlen, eine Handvoll des Krautes vor die Nase zu halten. Der Straßburger Wundarzt Hieronymus Brunschwig schrieb in seinem Kleinen Destillierbuch: „… ſo man das krut mit der zugethonden handt haben iſt vntz es erwarmet / do von das blůtend der naſen von ſtunden an verſtot vnd verſtellt würt …“
In den Mainzer Kräuterbuchinkunabeln des 15. Jh. – Herbarius moguntinus (1484), Gart der Gesundheit (1485) und Hortus sanitatis (1491) – wurde das Gemeine Hirtentäschel zusammen mit dem Vogelknöterich behandelt und die überlieferten Indikationen beider Pflanzen wurden zusammengeworfen. Diese Sicht wurde von den deutschen Vätern der Botanik – Otto Brunfels, Hieronymus Bock und Leonhart Fuchs – verworfen. Da sie bei Dioskurides keine dem Gemeinen Hirtentäschel entsprechende Pflanze finden konnten, so übernahmen sie ausschließlich der Angaben aus der Volksmedizin. 1986 veröffentlichte die Kommission E des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes eine (Positiv-) Monographie über das Hirtentäschelkraut mit den Indikationen: leichte Menorrhagien und Metrorrhagien, Nasenbluten und oberflächliche blutende Hautverletzungen. [10]
Blumensprache
Hirtentäschelkraut, Capsella bursa-pastoris von Gerhard Laukoetter [11]
Seit der Kindheit ist mir sehr vertraut das gute Hirtentäschelkraut.
Am Wegesrand will es gern stehen, dort kann ich weiße Blütchen sehen.
Die Samen, wie sie später wachsen, verteilen sich rund um die Achsen.
Wie kleine Herzen flachgedrückt die Pflanze sich damit brav schmückt.
Ich hab dies Kraut nie mehr vergessen – Man sagt, man könnt die Herzen essen.
Mein Kindermund hat sie gekaut – Hab Hirtentäschel gut verdaut.
Die Samenform erinnert leicht an Hirtenbeutel – wie sich zeigt.
Die Botschaft blieb mir Eselsbrücke. So wie ich mich zu ihm hin bücke,
da schießt der Name in den Sinn. Er ist und bleibt in mir wohl drin.
Heut hab ich dieses Täschelkraut mal wieder länger angeschaut.
Ich sah so manches Herz am Stil und Sehnsucht nach dem Kinderspiel.
Zurückgekehrt vom Wiesensaum betrat ich rasch den Wissensraum.
Wofür ist Hirtentäschel gut? – Hilft Magenpein und stillt das Blut.
Auch Wehen soll es mehr bestärken – Es gäb noch vieles anzumerken…
Die Volksheilkunde nahm es oft hat manche Heilkraft sich erhofft.
Da Hirtentäschel würzig schmeckt, wird es in den Salat gesteckt.
Grad kaue ich ein paar der Herzen – Will Aberglauben in mir merzen.
Quellen:
[1] www.kraeuter-buch.de/kraeuter/Hirtentaeschel.html
[2] de.wikipedia.org/wiki/Gewöhnliches_Hirtentäschel
[3] www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/hirtentaeschelkraut/hirtentaeschelkraut
[4] www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/hirtentaeschelkraut/hirtentaeschelkraut
[5] www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/hirtentaeschelkraut/hirtentaeschelkraut
[6] Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder.
Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7. Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1
[7] blog.herbal-hunter.de/das-hirtentaeschel
und Was blüht denn da? Kosmos Naturführer, von M. und R. Spohn, 59. Auflage, 2015, ISBN 978-3-440-13965-3
[8] www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/hirtentaeschelkraut/hirtentaeschelkraut
[9] www.kostbarenatur.net/anwendung-und-inhaltsstoffe/gewoehnliches-hirtentaeschel
[10] de.wikipedia.org/wiki/Gewöhnliches_Hirtentäschel
[11] gerhardlaukoetter.wordpress.com/2013/05/28/hirtentaschelkraut
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