Das echte Johanniskraut (Hypericum perforatum), auch Tüpfeljohanniskraut genannt, besitzt die Fähigkeit, das Licht der Sonne zu speichern. Es gibt viele Sagen und Geschichten um das Johanniskraut, z.B. von Baldur dem Gott des Lichts und der Christianisierung vom heiligen Johannes. All diese Legenden erzählen vom Sonnenlicht und dem Vertreiben des Dunklen und Bösen. Und genau in diesem Sinne setzten sowohl Heilpraktiker als auch die moderne Schulmedizin das Sonnenkraut heute ein: bei Depressionen, Angstzuständen und geistiger Erschöpfung. [1]
Volkstümlich wird das Echte Johanniskraut auch als Herrgottsblut bezeichnet. Der Name bezieht sich auf Johannes den Täufer, da die Pflanze um den Johannistag (24. Juni) herum blüht. Auch der englische Name „St John’s wort“ und der spanische Name „hierba de San Juan“ beziehen sich auf Johannes den Täufer. [1]
Vorkommen
Das Echte Johanniskraut ist die in Europa verbreitetste Art der Gattung Hypericum und in Europa, Westasien und Nordafrika heimisch. In Ostasien, Nord- und Südamerika und in Australien ist es eingebürgert worden. Man findet es in tiefen bis mittlere Höhenlagen. Es wächst verbreitet in Gebüschsäumen, an Waldrändern, Wegen und Böschungen, in Magerwiesen und -rasen, in Ginster- und Heidekrautheiden, in Brachen und Waldverlichtungen oder auf Bahnschotter als Pionierpflanze. Das Echte Johanniskraut tritt vorwiegend in größeren Gruppen auf, allerdings sind diese selten bestandsbildend. Als ökologische Zeigerwerte nach Ellenberg [2] wird Hypericum perforatum als Halbschattenpflanze für mäßig warme bis warme Standorte bei gemäßigtem Seeklima angegeben. Die angezeigte Bodenbeschaffenheit ist gleichmäßig trocken bis mäßig feucht und stickstoffarm, niemals jedoch stark sauer. [3] Auf Wiesen ist es eine Zeigerpflanze für Magerkeit. [4]
Vegetative Merkmale
Das Echte Johanniskraut ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 15 bis 100 Zentimetern erreicht. Sie bildet stark verzweigte Wurzelkriechsprosse und eine spindelförmige, bis zu 50 Zentimeter tief reichende Wurzel. Der aufrechte Stängel ist durchgehend zweikantig und innen markig ausgefüllt (nicht hohl). Dadurch unterscheidet sich das Echte Johanniskraut von anderen Johanniskrautarten. Im oberen Bereich des Stängels ist das Echte Johanniskraut buschig verzweigt.
Die gegenständig angeordneten Laubblätter sind mehr oder weniger sitzend. Die einfache Blattspreite ist bei einer Länge von bis zu 3 Zentimetern oval-eiförmig bis länglich-linealisch. Die Blattspreite ist dicht mit durchscheinenden Öldrüsen besetzt. Der Blattrand ist mit schwarzen Drüsen punktiert. Bei den zahlreichen durchscheinenden Punktierungen der Spreite handelt es sich um Gewebslücken, die durch Spaltung oder Auseinanderweichen von Zellwänden entstanden sind und in denen das helle ätherische Öl konzentriert ist. [5]
Generative Merkmale
Die Blütezeit reicht von Juni bis August. Der meist reichblütige trugdoldige Blütenstand ist aus Dichasien mit (zur Fruchtzeit gut erkennbaren) Schraubeln zusammengesetzt.
Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf Kelchblätter sind bis zu 5 Millimeter lang, länger als der Fruchtknoten, (ei)-lanzettlich, fein grannenartig zugespitzt, mit hellen und schwarzen Drüsen. Die fünf goldgelben Kronblätter sind bis 13 Millimeter lang, nur auf einer Seite gezähnt und am Rande schwarz punktiert. Die Kronblätter enthalten in Gewebslücken das blutrote Hypericin, das beim Zerreiben (am besten mehrere Blütenknospen nehmen) auf den Fingern eine Rotfärbung hinterlässt. Aufgrund dieser Eigenschaft war das Echte Johanniskraut lange Zeit eine der wichtigsten Färberpflanzen. Die einzelnen Kronblätter sind aufgrund ihrer gedrehten Knospenlage etwas asymmetrisch, sodass die ganze Blüte in offenem Zustand einem „Windrad“ ähnlichsieht. Die 50 bis 60, manchmal bis 100 Staubblätter umgeben in drei Büscheln angeordnet den Fruchtknoten. Aus den drei Staubblattanlagen entstehen durch zentrifugales Dedoublement drei Cluster mit insgesamt bis zu 100 Staubblättern; siehe Sekundäre Polyandrie. Der oberständige, ovale Fruchtknoten ist in drei Fächer unterteilt, die kürzer sind als die Kelchblätter. Statt Nektar ist ein anbohrbares Gewebe von unsicherer ökologischer Bedeutung vorhanden.
Die Frucht ist eine schmal-eiförmige, bis 10 Millimeter lange, geriefte dreifächrige Spaltkapsel. Die Samen sind bei einer Länge von etwa 1 Millimetern länglich, gebogen und fein netzförmig. [1] [2]
Bestäubung
Blütenökologisch handelt es sich um eine homogene „Pollen-Scheibenblumen“. Fremdbestäubung erfolgt durch Pollen suchende Insekten. Besucher sind besonders Hummel-Arten und Bienen- und Schwebfliegen-Arten. Selbstbestäubung ist durch die räumliche Trennung von Griffelästen und Staubbeutelbündeln erschwert, ist aber beim Schließen der Blüten möglich, wenn die schrumpfenden Kronblätter die Blüte wieder einhüllen. Am Abend und beim Abblühen rollen sich die Blütenblätter an den Seiten in der Längsachse ein.
Die kleinen Samen der bei Trockenheit geöffneten Kapselfrüchte werden von Tieren verschleppt (Zoochorie) oder durch den Wind verbreitet (Ballonflieger). Vegetative Vermehrung erfolgt durch Wurzelkriechsprosse. [3]
Giftigkeit
Die Pflanzenteile sind leicht giftig. Die getrockneten Blüten des Behaarten Johanniskrauts enthalten bis zu 1,4 % des roten Farbstoffes Hypericin [4] („Johannisblut“). Die Hypericin-Aufnahme führt bei nicht pigmentierten (weißen) Weidetieren (Pferde, Schafe, Ziegen etc.) nach der Bestrahlung durch Sonnenlicht zu Hämolyseerscheinungen [5] („Hartheukrankheit“).
Einige morphologisch ähnliche Arten
Verwechslungen können mit dem Geflügelten Johanniskraut (Hypericum tetrapterum) passieren. Der Stängel ist hier 4 etwa 1-2 mm breit geflügelten Kanten und wächst auf nassen Böden, auch auf basischen Standorten. [6]
Verwendung in der Ernährung
Johanniskraut wird nicht nur als Heilmittel verwendet, sondern ist auch ein gesundes Nahrungsmittel. Das gesamte blühende Kraut findet bei der Herstellung von Würzölen als aromatische Zutat Verwendung. Die jungen Triebspitzen und zarten Blätter können im Frühjahr in den Salat gemischt oder in Kräuterquark untergerührt werden. Eine hübsche essbare Dekoration sind die zart süßlichen Blüten auf rohen und gekochten Speisen. [7]
Heilpflanze
Das Johanniskraut wird besonders bei Stimmungstiefs, Erschöpfung und zur Stärkung nach schweren Krankheiten verwendet. Es hat aber auch eine anregende Wirkung auf die Sexualorgane und macht diese sensibler und empfindsamer.
Johanniskrauttee
Der Tee wird aus dem blühenden Kraut gekocht. Dafür werden zwei Teelöffel des frischen oder getrockneten Krautes in einen Liter kaltes Wasser gegeben. Das Wasser mit dem Johanniskraut einmal kurz aufkochen und dann sofort abseihen. Die Tagesdosis sollte nicht mehr als drei Tassen betragen.
Johanniskrauttee wird bei nervlicher Erschöpfung, Stimmungstiefs, Depressionen, Schockzuständen, Kopfschmerzen nach einer Gehirnerschütterung, bei Krämpfen, Blutarmut und Problemen der Leber getrunken. Zur Erholung nach schweren Krankheiten wird Johanniskrauttee zur Rekonvaleszenz empfohlen. In Schlaf- und Beruhigungstees ist Johanniskraut eine wichtige Zutat. Äußerlich kann der Tee genauso wie Johanniskrautöl angewandt werden, jedoch ist das Öl stärker in der Heilkraft.
Johanniskrautöl
Wenn man die Blüten des Johanniskrauts zwischen den Fingern verreibt, tritt ein roter Saft aus. Dieser kommt aus den Öldrüsen und enthält Hypericin, welches für die Rotfärbung verantwortlich ist und in der Medizin als Antidepressivum eingesetzt wird. Johanniskrautöl, auch Rotöl genannt, unterstützt die Erneuerung des Gewebes und wird bei Verbrennungen, Sonnenbrand, Wunden, Zahnschmerzen und Entzündungen der Haut angewendet. Als linderndes Einreibemittel findet es auch bei Ischiasschmerzen, Verstauchung, Nervenschmerzen, Hexenschuss und Kreuzschmerzen
Verwendung
Johanniskrauttinktur
Johanniskrauttinktur wird bei denselben Beschwerden angewendet wie der Tee.
Sie ist leicht selbst herzustellen:
# Das blühende Echte Johanniskraut in voller Blüte sammeln
# Blüten und Blätter vom Stängel streifen und in ein dunkles Glas geben
# Mit 45-prozentigem Alkohol auffüllen, so dass das gesamte Kraut bedeckt ist
# Verschließen und an einem mäßig warmen Ort stehen lassen
# Ab und zu schütteln
# Nach vier Wochen abseihen und in eine dunkle Tropfflasche gießen
# Bei Bedarf dreimal täglich 20 Tropfen einnehmen
Quelle: [8]
Bei Anwendungen mit Johanniskraut sollte man Sonnenbäder vermeiden. Der Hauptwirkstoff Hypericin erhöht die Lichtempfindlichkeit der Haut, dadurch kann bei UV-Bestrahlung ein Lichtekzem mit Sonnenbrandähnlichen Reaktionen und Bildung von Pigmentflecken entstehen. Bei längerer Einnahme von Johanniskraut – ganz gleich in welcher Form – sollten Sie sich sicherheitshalber vor starke Sonnenbestrahlung schützen. Bei gleichzeitiger Anwendung von bestimmten Medikamenten und eine Einnahme von standardisierten Johanniskrautpräparaten kann es zu einer Abschwächung der Medikamentenwirkung kommen. Diese Wechselwirkung ist aber Dosis abhängig, so dass bei traditionellen Anwendungsformen wie Tees nicht mit solchen zu rechnen ist. [9]
Mythologie / Geschichtliches
Johanniskraut ist eine Pflanze mit sehr langer Tradition. Als Heilmittel wurde sie erstmals in der Antike 1.Jh.n.Chr. von Plinius dem Älteren erwähnt. Im Mittelalter erlebte die Pflanze einen Aufschwung. Dioskurides verwendete ihre Früchte bei Brandwunden und Ischias. Avicenna, Hildegard von Bingen, Albertus Magnus, Paracelsus und viele andere beschrieben es als eines der Kräuter der am vielseitigsten anwendbar ist. Ihr wurde als derart gute und heilkräftige Pflanze höchste Wertschätzung entgegengebracht und von den mittelalterlichen Ärzten auch „Fuga Daemonum“ genannt. Die Menschen der damaligen Zeit sahen im Johanniskraut ein dämonenvertreibendes Mittel das auch gegen Zauberei und den Teufel wirkt. Einer Legende nach soll der Teufel sehr erzürnt sein, da dieses Kraut über ihn eine große Macht ausüben konnte und soll versucht haben, dieses zu zerstören, indem er der Sage nach persönlich die Blätter mit einer Nadel tausendmal zerstochen hat. Hält man die Blätter gegen das Licht, sieht man die Spuren der Nadelstiche. Zerreibt man die Blätter zwischen den Fingern, färben sich diese durch den austretenden Saft blutrot. Die Heiden erkannten darin das Blut des germanischen Licht- und Güte- Gottes Baldurs, der zur Sonnenwende geopfert wurde. In christlichen Zeiten wurde dies auf den Bußprediger Johannes der Täufer übertragen der bei der Taufe Jesu, (die Sonne der Seele) verkündete. Fromme Volkslegenden verbinden die Sonnenwendblume mit dem Täufer der geköpft wurde. Das Johanniskraut sei das Blut des Enthaupteten, das sich, als es auf die Erde spritzte in das Johanniskraut verwandelte.
Als Wundarzt beschäftigte sich Paracelsus ausgiebig mit diesem Kraut und sah darin, dass sich die Pflanze zur Heilung von Hieb und Stichwunden sehr gut eigne. [10]
Blumensprache
Das Johanniskraut von Karl Waggerl
Am Waldrand blüht Johanniskraut,
sein Öl heilt jede wunde Haut,
sein Tee zieht den, der depressiv,
nervös verstimmt, aus jedem Tief
und nimmt das quälende Rundherum
der Frau im Klimakterium. [11]
Verwendung im Garten
Das mehrjährige, anspruchslose Johanniskraut ist einfach anzubauen. Die kleinen Samen werden im Frühjahr in Töpfe ausgesät. Die Samen nur leicht mit Erde bestreuen und nachdem die Pflänzchen 5 bis 10 cm groß sind, werden sie ins Beet gesetzt. Johanniskraut mag es warm, mager und eher trocken. [12]
Quellen
[1] www.kostbarenatur.net/anwendung-und-inhaltsstoffe/echtes-johanniskraut
[2] de.wikipedia.org/wiki/Echtes_Johanniskraut
[3] Die Kurzbezeichnung Zeigerwerte nach Ellenberg für die „Ökologischen Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa“ ist ein von Heinz Ellenberg Mitte der 1970er-Jahre erstmals ausführlich beschriebenes Klassifikationsverfahren für mitteleuropäische Pflanzen nach ihrem ökologischen „Verhalten“ und botanischen Eigenschaften.
[4] de.wikipedia.org/wiki/Echtes_Johanniskraut
[5] www.kostbarenatur.net/anwendung-und-inhaltsstoffe/echtes-johanniskraut
[6] de.wikipedia.org/wiki/Echtes_Johanniskraut
[7] de.wikipedia.org/wiki/Echtes_Johanniskraut
[8] www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/johanniskraut/echtes-johanniskraut
[9] de.wikipedia.org/wiki/Echtes_Johanniskraut
[10] Hypericin ist ein rotes Anthrachinon-Derivat und einer der wesentlichen färbenden Bestandteile der Johanniskräuter
[11] Auflösung von roten Blutkörperchen
[12] Was blüht denn da? Kosmos Naturführer, von M. und R. Spohn, 59. Auflage, 2015, ISBN 978-3-440-13965-3
[13] www.kostbarenatur.net/anwendung-und-inhaltsstoffe/echtes-johanniskraut
[14] www.dieostschweiz.ch/artikel/echter-johanniskraut-heilpflanze-der-sonne
[15] www.dieostschweiz.ch/artikel/echter-johanniskraut-heilpflanze-der-sonne
[16] geislingenzollern.albverein.eu/naturschutz/pflanzenwelt-an-der-sommerhalde-2/johanniskraut
[17] www.kostbarenatur.net/anwendung-und-inhaltsstoffe/echtes-johanniskraut
Alle Rechte vorbehalten Abredat