Not macht erfinderisch. Waren begehrte Produkte zu teuer, kaum vorhanden oder gar nicht mehr zu bekommen, wurden kurzerhand heimische Pflanzen verwendet.
Kaffee-Ersatz
Ich bin nach wie vor eng mit der Stadt Ludwigsburg verbunden und Ludwigsburg untrennbar mit der Geschichte Franck, die sich vor 150 Jahren in der Barockstadt niederließ. Ludwigsburg verdankt der Frank’schen Rösterei wirtschaftlichen Aufschwung und den Ruf als Hauptstadt der „Chichoria“, aus deren getrockneten und gemahlenen Wurzel der Ersatzkaffee gewonnen wird. Die Unternehmensgeschichte reicht zurück in die Zeit Friedrichs des Großen, der Bohnenkaffee mit hohen Steuern belegt und schließlich den Genuss des „Türkentrankes“ ganz verboten hat.
Dadurch verhalf er dem Landkaffee aus Gerste, Gerstenmalz, Roggen und Zichorie zum Durchbruch. Der Bedarf nach dem preiswerten Landkaffee stieg, so dass bereits um 1760 die ersten Fabriken zur Herstellung des „Deutschen Kaffees“ ihre Tore öffneten. Johann Heinrich Franck, Inhaber einer Konditorei und eines Gewürzladens in Vaihingen/Enz, stellte 1828 erstmals Kaffee aus Zichorien her und gründete in dem Jahr die Fabrik Heinrich Franck.
Zichorien-Kaffee
Zutaten: Wurzeln der Wegwarte (Cichorium intybus)
Zubereitung: 1) Wurzeln im September / Oktober ausgraben, sauber machen, in kleine Stücke schneiden und schnell an der Luft trocknen lassen. 2) Die Wurzelstückchen in einer Pfanne ohne Fett bräunlich rösten. Abkühlen lassen und mit einer Mühle zu Pulver vermahlen. 3) 1 TL mit 250 ml kochendem Wasser überbrühen und 2 bis 5 Minuten ziehen lassen. Der Satz kann in der Tasse verbleiben.
Schwarzer-Tee-Ersatz
Aber auch für Teeliebhaber gibt es einen günstigen Ersatz. Schwarzer Tee erhält seinen Geschmack hauptsächlich durch das Fermentieren der Blätter. Die Blätter von Brombeere, Himbeere, Erdbeere, Johannisbeere, Eberesche, Heidelbeere, Wilde Malve, Schlehe und Weißdorn eignen sich ebenfalls hervorragend. Der Geschmack ist ähnlich, enthält aber kein Teein und ist deshalb nicht anregend. Dafür aber leicht harntreibend, magenfreundlich, verdauungsfördern und beruhigend.
Tee aus heimischen Blättern
Zutaten: Blätter nach Wahl, Frischhaltefolie, Baumwolltuch, Gummibänder
Zubereitung: 1) Blätter leicht reinigen, größere Blattstiele entfernen und über Nacht antrocknen lassen. 2) Blätter leicht durchkneten, anschließend, in Streifen schneiden und leicht mit Wasser besprenkeln. Nochmals durchkneten. 3) Das Baumwolltuch auf ein gleich großes Folienstück legen und die Blätter darauf verteilen. 4) Alles sehr eng zu einer Rolle aufrollen, dann die Rolle in der Mitte zusammenlegen und mit Gummibändern fixieren. 5) Alles 2 Tage schwitzen lassen. Die Blätter sollten sich bräunlich-schwärzlich verfärben und nach Schwarzem Tee duften. Wenn es nach Schimmel riechen sollte, dann bitte entsorgen. 6) Anschließend die Blätter ausbreiten und endgültig gut durchtrocknen lassen. In Dosen aufbewahren und wie Schwarztee (3 bis 5 Minuten ziehen lassen) zubereiten.
Mehl auf gesunde Weise strecken
Brot war und ist ein Grundnahrungsmittel, auf das die wenigsten Menschen verzichten möchten. Zum Strecken wurde verwendet, was gerade Passendes vorhanden war oder draußen aktuell wuchs. So wurden zum Beispiel Queckenwurzel, Eicheln, Schlangenknöterich, Erbsen, Leinsamen, Nüsse, Rotklee Blüten sowie verschiedene Samen von Bäumen verwendet.
Scharf ohne echten Pfeffer
Aber auch Pfeffer war für unsere Vorfahren lange Zeit unerschwinglich. Stattdessen verwendete man meist heimische scharfe oder würzige Pflanzen um den Exoten zu ersetzen. Die grau-schwarzen Samenkörner des Mönchspfeffers, Meerrettich, Dost, Blätter der Schaumkrautarten, Senf, Brunnenkresse, getrocknete und gerebelte Bohnenkrautblätter oder die Samen des Schwarzkümmels gehörten schon bald zu den Favoriten.
Weihnachtsgewürz
Anfang Oktober darf man sich bereits um Weihnachten Gedanken machen und Plätzchen backen. Aber was sind unser Weihnachtsgebäck oder unsere gewürzten Weine ohne den Geruch und Geschmack von echten Gewürznelken? Einen ähnlichen Genuss kann man die sehr häufig vorkommende Echte Nelkenwurz (Geum urbanum) verwenden. Sie enthält in ihrem Wurzelstock genau wie die Gewürznelke Eugenol, das beim Trocknen freigesetzt wird. Damit duftet es herrlich exotisch und zugleich wird eine leicht antiseptische und verdauungsregulierende Wirkung erzielt.
Quellen:
www.stuttgarter-nachrichten.de/
inhalt.geschichte-von-caro-kaffee-in-ludwigsburg-noch-riecht-man-das-ludwigsburger-gschmaeckle
Landapotheke, alte Hausmittel, September-Oktober, ab Seite 114
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